Die Europäische Zentralbank (EZB) steht kurz vor der ersten Zinssenkung nach einer längeren Phase straffer Geldpolitik. Führende Ökonomen befürworten eine vorsichtige Lockerung der Geldpolitik in diesem Jahr. Welche Auswirkungen hat das auf Immobilienkredite?

Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) muss trotz erwarteter Lockerungen in diesem Jahr restriktiv bleiben, erklärt EZB-Chefvolkswirt Philip Lane in einem Interview mit der britischen Wirtschaftszeitung „Financial Times“ vom 27. Mai 2024. Für das Jahr 2025 sieht er jedoch eine mögliche Veränderung, falls die Inflation spürbar in den Zielbereich sinkt.

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Eine restriktive Geldpolitik liegt vor, wenn der Leitzins über dem sogenannten natürlichen Zinsniveau liegt, bei dem die Wirtschaft weder gebremst noch angekurbelt wird.

Die EZB plant die erste Leitzinssenkung nach einer längeren Phase straffer Geldpolitik. Analysten erwarten bei der nächsten Sitzung am 6. Juni 2024 eine Senkung um 0,25 Prozentpunkte. Seit Mitte 2022 hat die EZB die Leitzinsen angehoben, um der zeitweise extrem hohen Inflation entgegenzuwirken. In den letzten Monaten ist die Inflation tendenziell gesunken, was Raum für Zinssenkungen schafft.

„Keine Zinssenkungen mit Autopilot“ laut Chef der Bundesbank

Joachim Nagel, Chef der Deutschen Bundesbank, erwartet im Juni eine Zinswende bei der Europäischen Zentralbank (EZB), jedoch möglicherweise nur einen einzelnen Schritt. Bei einem Treffen der G7-Finanzminister und Notenbankchefs in Italien am 24. Mai 2024 betonte Nagel, dass eine erste Zinssenkung nicht automatisch weitere Schritte nach sich ziehen müsse. „Davon würde ich erst mal jetzt nicht ausgehen wollen,“ sagte er.

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Nagel warnte davor, voreilige Entscheidungen zu treffen, die die wirtschaftliche Entwicklung gefährden könnten. Stattdessen sei es wichtig, die Preisentwicklung von Sitzung zu Sitzung genau zu beobachten. Was nach der erwarteten Zinssenkung am 6. Juni geschehe, sei unklar. Nagel deutete an, dass eine zweite Zinssenkung frühestens im September 2024 in Betracht kommen könnte.

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Direktorin der EZB Schnabel lässt Geldpolitik offen

Isabel Schnabel, Direktorin der EZB, stellte in einem Interview mit der japanischen Wirtschaftszeitung „Nikkei“ kürzlich eine mögliche erste Zinssenkung am 6. Juni 2024 in Aussicht und bekräftigte damit frühere Aussagen der Notenbank. Sie betonte jedoch, dass die weitere Zinsentwicklung sehr unsicher sei und verwies auf die anhaltend hohe Inflation in der Eurozone.

Angesichts der aktuellen Daten erscheine eine weitere Zinssenkung im Juli derzeit nicht gerechtfertigt. „Wir sollten einen vorsichtigen Ansatz verfolgen“, sagte Schnabel. Der Rückgang der Inflation habe sich zuletzt signifikant verlangsamt, und der schwierigste Teil der Inflationsbekämpfung stehe noch bevor.

Die EZB strebt eine mittelfristige Inflationsrate von zwei Prozent an, um Preisstabilität zu gewährleisten. Im April 2024 lag die Inflationsrate im Euroraum über diesem Ziel. Nachdem sich die Teuerung im Jahr 2023 stark abgeschwächt hatte, stagnierte der Rückgang der Inflation seit Anfang dieses Jahres.

Kaum Auswirkungen der EZB-Entscheidung auf Immobilienkredite

Da die Zinssenkung von Ökonomen seit Längerem erwartet wird, haben sich die Marktteilnehmer bereits im Vorfeld darauf eingestellt. Sollte die EZB wie von den Banken prognostiziert entscheiden, wird sich voraussichtlich nichts ändern, da diese Zinsentscheidung bereits eingepreist ist. Dies betrifft auch Immobilienkredite, die seit einigen Monaten günstiger geworden sind.

Profianleger, insbesondere im Logistikimmobilienmarkt, warten die geplante Zinssenkung der EZB ab. „Aufgrund eines einzelnen Zinsschritts ist nicht mit einer sofortigen Preisveränderung zu rechnen, da die Entscheidungen auf dem Kapitalmarkt in der Regel verzögert auf den Immobilienmarkt durchschlagen“, erklärte Bodo Hollung, Gesellschafter und Geschäftsführer von LIP Invest.

Ob der deutsche Markt für Büroimmobilien außerhalb der Spitzenprodukte wieder liquide wird, hängt davon ab, wie institutionelle Investoren das Wirtschaftswachstum und die Zinsentwicklung einschätzen und ob die positiven Anzeichen ausreichen, um tatsächliche Investitionen zu veranlassen, erläuterte Ralf Kemper, Head of Value & Risk Advisory bei JLL Germany. Quelle

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Marvin Albrecht