Banken kämpfen gegen geplante Einkommensgrenzen für Immobilienkredite
Deutsche Kreditinstitute erheben Einspruch gegen ein Gesetz, das vom Finanzminister geplant wird und dazu führen könnte, dass bestimmte Haushalte erschwert Zugang zu Baukrediten erhalten.
Deutsche Banken äußern ihre Bedenken bezüglich möglicher neuer Hürden beim Bau und Kauf von Wohnimmobilien. In einem Schreiben an Finanzminister Christian Lindner (FDP) warnen sie vor einem geplanten Gesetz, das der Finanzaufsicht ermöglichen könnte, einkommensabhängige Grenzen für die Vergabe von Wohnimmobilienkrediten einzuführen.
Das Schreiben, datiert vom 15. Dezember und dem Handelsblatt vorliegend, stammt von der Deutschen Kreditwirtschaft (DK), dem Dachverband der deutschen Banken. Die DK betont, dass dieses Gesetz in einer Zeit, in der rund 700.000 Wohnungen fehlen und der Wohnungsneubau fast zum Stillstand gekommen ist, ein unangebrachtes politisches Signal senden würde. Zudem lägen die Wohnimmobiliendarlehenszusagen seit Jahresbeginn etwa 40 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres.
Die DK warnt davor, dass das geplante Gesetz unnötigerweise stark in die Geschäftstätigkeit und Managementkompetenz von Banken und Sparkassen eingreifen würde. Dies könnte zu einer erhöhten Verunsicherung auf dem Wohnimmobilienmarkt führen.
Der Hintergrund des Schreibens ist der Plan der Bundesregierung, noch in dieser Legislaturperiode neue einkommensbasierte Instrumente einzuführen. Diese sollen es der Finanzaufsicht ermöglichen, das Verhältnis der Gesamtverschuldung zum Einkommen der Neukreditnehmer sowie das Verhältnis des Schuldendienstes zum Einkommen bei Immobilienfinanzierungen zu begrenzen.
Die Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP hatten dies bereits in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart und forderten im November die Bundesregierung auf, zeitnah einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, um das Gesetz im ersten Halbjahr 2024 zu verabschieden.
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Experten empfehlen neue Instrumente für Vergabe von Immobilienfinanzierungen
Die Koalition setzt den Empfehlungen des Ausschusses für Finanzstabilität folgend einkommensbasierte Instrumente in der Immobilienfinanzierung um. Dieser Ausschuss besteht aus Vertretern der Finanzaufsicht Bafin, der Bundesbank und des Finanzministeriums und hatte die Einführung solcher Instrumente vorgeschlagen.
Jedoch erfolgt die Reform zu einem ungünstigen Zeitpunkt, da der Immobiliensektor aufgrund gestiegener Kreditzinsen und Baukosten seit Monaten unter Druck steht. Die Stimmung in den Chefetagen der Wohnungsbauunternehmen erreichte im Dezember ein Rekordtief, und Experten, wie Klaus Wohlrabe vom Ifo-Institut, prognostizieren düstere Aussichten für 2024.
Die Banken äußern in einem Protestbrief an Finanzminister Lindner, dass aktuell nicht der richtige Zeitpunkt für Maßnahmen sei, die die Bautätigkeit weiter einschränken und die Wohnungsnot verschärfen könnten.
Des Weiteren argumentieren die Geldinstitute, dass die geplanten Instrumente selektiv einzelne Kundengruppen diskriminieren würden. Insbesondere junge oder größere Familien, Personen mit geringen und mittleren Einkommen sowie Personen mit hohem Vermögen, aber geringem regelmäßigem Einkommen, würden systematisch daran gehindert, eine Wohnimmobilie zu erwerben oder zu bauen.
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Obwohl eine Sprecherin des Finanzministeriums sich nicht zu der internen Korrespondenz mit den Banken äußern wollte, verteidigte sie grundsätzlich die geplanten Maßnahmen. Diese seien international anerkannte Standardinstrumente für risikoreiche Kredite und resultierten aus Lehren, die aus der Finanzkrise gezogen wurden.
Die Sprecherin betonte, dass solche Instrumente in allen deutschen Nachbarländern gängige Praxis seien. Sie wies darauf hin, dass eine Anwendung solcher Instrumente in Deutschland derzeit nicht zur Debatte stehe, wie es auch im aktuellen Finanzstabilitätsbericht der Bundesbank festgehalten sei. Zudem beabsichtige das Finanzministerium, mit der Deutschen Kreditwirtschaft Gespräche über etwaige Bedenken zu führen, und verwies auf das Förderprogramm „Wohneigentum für Familien“, mit dem die Bundesregierung Familien beim Immobilienerwerb unterstütze.
Kreditinstitute kritisieren bürokratischen Aufwand
Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) argumentiert, dass die Finanzaufsicht bereits ausreichende Eingriffsmöglichkeiten am Immobilienmarkt besitzt. Beispielsweise können sie Höchstgrenzen für das Verhältnis von Kredithöhe zum Wert der Immobilie festlegen und bestimmen, bis wann ein Kredit spätestens zurückgezahlt werden muss.
Die geplanten neuen, einkommensabhängigen Instrumente werden von der DK kritisiert. Ihrer Ansicht nach sind sie mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden und bringen nur geringen Nutzen. Die Auseinandersetzung zwischen der DK, der Politik und der Finanzaufsicht über den angemessenen Umgang mit Immobilien besteht bereits seit längerer Zeit.
Seit Februar 2023 müssen Geldinstitute in Deutschland für Wohnimmobiliendarlehen einen Extra-Kapitalpuffer von 2,75 Prozent über die regulären Anforderungen hinaus vorhalten. Der Ausschuss für Finanzstabilität hatte diese Maßnahme Anfang 2022 beschlossen, um auf Überbewertungen am Immobilienmarkt zu reagieren.
Die Banken kritisieren jedoch diesen Extra-Kapitalpuffer. In einem Protestbrief an Finanzminister Lindner erklären sie, dass diese Puffer eine „bremsende Wirkung“ entfalten würden und dem Bankensektor etwa 200 Milliarden Euro an Kreditvergabepotenzial für den Wohnungsbau entziehen.
Die Finanzaufsicht hält hingegen weiterhin an den Extra-Kapitalpuffern fest. Die damalige Bundesbank-Vorständin und jetzige EZB-Chefaufseherin Claudia Buch betonte im August 2023 in einem Interview mit dem Handelsblatt, dass die Puffer die bestehende Verwundbarkeit im Bankensektor ansprechen und dass dies auch durch den Abschwung der Wirtschaft und den Rückgang der Immobilienpreise nicht beeinträchtigt wird. Quelle
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Marvin Albrecht