Ist die neue KfW-Bauförderung für Familien sinnlos?

Das neue Bau-Förderprogramm 300 „Wohneigentum für Familien“ der KfW zielt darauf ab, Familien mit mittleren und geringen Einkommen dabei zu unterstützen, sich ihren eigenen Wohnraum leisten zu können, indem es ab dem 1. Juni zinsverbilligte Kredite bereitstellt. Dennoch gibt es Kritik von Experten, da vielen Familien immer noch das nötige Eigenkapital fehlen wird.

Seit dem 1. Juni ist ein neues Förderprogramm für Wohneigentum in Kraft getreten. Anstelle des bisherigen Baukindergeldes wurde das Programm „Wohneigentum für Familien“ (WEF) eingeführt. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass das Programm für viele junge Familien, die den Wunsch nach einem eigenen Zuhause haben, enttäuschend sein könnte.

Baustelle für Neubauten in Deutschland

Das neue Förderpaket bietet einen Kredit statt wie zuvor einen Zuschuss

Das neue Programm zur Förderung von Wohneigentum basiert auf zinsverbilligten Krediten der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Im Gegensatz zum ausgelaufenen Baukindergeld erhalten Familien mit minderjährigen Kindern nun keinen nicht rückzahlbaren Zuschuss mehr, sondern lediglich einen zinsvergünstigten Kredit in Höhe von 140.000 bis 240.000 Euro. Bei einer zehnjährigen Zinsbindung beträgt der Zinssatz lediglich 1,25%, während der aktuelle Marktzins bei etwa 3,62% liegt.

Der Bund plant, dafür jährlich 350 Millionen Euro aufzuwenden. Im Vergleich dazu wurden laut KfW im Jahr 2020 rund 2,6 Milliarden Euro an Familien im Rahmen des mittlerweile eingestellten Baukindergeldes ausgezahlt. Experten bezweifeln, ob das neue Wohneigentumsprogramm der Bundesregierung den Wohnungsbau ankurbeln und gleichzeitig die geringe Wohneigentumsquote in Deutschland verbessern kann.

Michael Neumann von „Dr. Klein“, einem Immobilienfinanzierer, betrachtet das neue Programm mit gemischten Gefühlen. Er begrüßt grundsätzlich den Schritt der Regierung, mehr Menschen bei der Realisierung des Traums von den eigenen vier Wänden zu unterstützen. Allerdings merkt er an: „Das Programm ‚Wohneigentum für Familien‘ spricht nur eine sehr spezifische förderfähige Zielgruppe an, aus der sich derzeit nur wenige einen Neubau wirklich leisten können. Familien mit geringem Einkommen, mehreren Kindern und entsprechend hohen Lebenshaltungskosten haben momentan Schwierigkeiten, einen Neubau inklusive Grundstückskauf und aller Erwerbsnebenkosten auch mit zinsgünstigen Darlehen zu finanzieren.“

Hier geht es direkt zum Förderprogramm auf der Seite der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau)

Einkommensgrenzen für Förderberechtigte niedriger als bei ausgelaufenem Baukindergeld

Das neue Förderprogramm legt niedrigere Einkommensgrenzen fest im Vergleich zum Baukindergeld. Es werden nur zinsverbilligte Kredite für Familien angeboten, die ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von bis zu 60.000 Euro haben. Jedes zusätzliche Kind erhöht diese Grenze um 10.000 Euro. Beim Baukindergeld, das bis Ende 2022 beantragt werden konnte, lagen die Einkommensgrenzen deutlich höher. Bei einem Kind betrug die Einkommensobergrenze 90.000 Euro und bei zwei Kindern 105.000 Euro. Es wurden pro Kind und Jahr 1.200 Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren nicht rückzahlbar bezuschusst.

Zum Vergleich: Das monatliche Durchschnittseinkommen eines Vollzeitbeschäftigten in Deutschland liegt derzeit bei etwa 4.100 Euro brutto. Wenn man dies auf ein Paar mit zwei Vollzeit-Durchschnittsverdienern hochrechnet, ergibt sich ein jährliches Bruttoeinkommen von 98.000 Euro. Selbst wenn man berücksichtigt, dass in der Regel noch verschiedene Steuervorteile wie z.B. Werbungskosten abzugsfähig sind, wird deutlich, dass selbst bei zwei Durchschnittsverdiensten das Einkommen zu hoch sein kann, um eine Förderung für Wohneigentum zu erhalten.

Rechtsanwalt Dr. Eric Lindner, Geschäftsführer von „Haus & Grund“ in Leipzig, kritisiert den einseitigen Fokus auf Neubauten: „Es ist bekanntermaßen schwierig, in den Städten neue Flächen für Baugrundstücke zu finden. Baugrundstücke werden nicht so schnell ausgewiesen. Wenn dann nur der Neubau gefördert wird und nicht der Bestand, könnte das gerade das Gegenteil bewirken und junge Familien daran hindern, schnellstmöglich in die eigenen vier Wände zu ziehen.“

Die Forderung, dass die geförderten Eigenheime klimafreundlich und energieeffizient sein sollen, ist für Baufinanzierungsexperten wie Neumann zwar verständlich, aber er hält sie für zu einseitig gedacht: „Neubauten beanspruchen oft noch unversiegelte Flächen und erfordern mehr Ressourcen als Bestandsobjekte. Aus Klimaschutzgründen erscheint es mir daher nicht sinnvoll, nur den Bau neuer Immobilien zu fördern. Meiner Meinung nach sollte die Umnutzung und Modernisierung bestehender Immobilien noch stärker unterstützt werden.“

Paul Lichtenthäler vom „Verband privater Bauherren“ (VPB) hält die Kombination aus Einkommensgrenzen und der Fokussierung auf Neubauten für sinnlos, da nach den Regeln oft schon ein normaler Facharbeiterhaushalt „zu wohlhabend“ sei: „Mit einem Jahreseinkommen von 60.000 Euro, nach Steuer etwa 40.000 Euro, kann man in einigen Gegenden bescheidenen Wohneigentum finanzieren, aber in der Regel wird es kein ambitionierter Neubau sein, sondern eher eine Bestandswohnung, die nach und nach renoviert werden muss – und dafür erhält man keine Förderung.“

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Beispielrechnung zu zinsverbilligten Krediten gegenüber den marktüblichen Konditionen

  1. Rechnung ohne Förderung: Angenommen, wir nehmen die maximale Kreditsumme von 240.000 Euro mit einem Soll-Zinssatz von ca. 3,62% bei einer zehnjährigen Zinsbindung. Bei einer jährlichen Tilgung von zwei Prozent würde die monatliche Kreditrate 1.124 Euro betragen. Hinzu kommen die Betriebskosten für die Immobilie.

Nach zehn Jahren würde die Restschuld des Darlehens immer noch bei 182.265,20 Euro liegen. Das bedeutet, dass die Familie von den 240.000 Euro Kredit 57.734,80 Euro getilgt und 77.145,20 Euro an Zinsen gezahlt hätte.

  1. Rechnung mit Förderung: Nehmen wir erneut einen Kredit von 240.000 Euro, jedoch mit einem Sollzinssatz von 1,25% im Rahmen der KfW-Förderung anstelle der marktüblichen 3,62%. Wir rechnen weiterhin mit einer jährlichen Tilgung von zwei Prozent. Dadurch ergibt sich eine monatliche Belastung von 650 Euro. Das bedeutet, die Familie würde pro Monat 474 Euro sparen, was einem Jahresbetrag von 6.676 Euro entspricht. Über zehn Jahre hochgerechnet wären das insgesamt 66.760 Euro.

Wenn die Bauherren die eingesparten Zinsen in eine höhere Tilgung investieren würden, könnte die Rückzahlung des Kredits erheblich beschleunigt werden. Nehmen wir an, der 240.000 Euro Kredit wird mit 1,25% Zins und einer Tilgungsrate von 4,37% gerechnet. In diesem Fall wären nach zehn Jahren lediglich 23.224,96 Euro an Zinsen angefallen, während 111.655,04 Euro getilgt wurden und die Restschuld nur noch bei 128.344 Euro läge. Das bedeutet, dass der Kredit nach zehn Jahren fast zur Hälfte (46,5%) abgezahlt wäre.

Allerdings bleibt fraglich, ob eine Familie mit einem relativ geringen Einkommen, das zur Förderung berechtigt ist, in der Lage ist, eine höhere Kreditrate zu bewältigen, und ob die Kreditsumme von 240.000 Euro für die Finanzierung eines Energiesparhauses ausreicht.

Sitz der KfW in Bonn

Fehlendes Eigenkapital ist bei den meisten Familien immer noch ein großes Problem

Lichtenthäler, Sprecher des VPB, betrachtet insbesondere das Eigenkapital als große Hürde für junge Bauherren, die nicht aus wohlhabenden Familien stammen und keinen finanziellen Zuschuss von ihren Eltern erhalten: „Nach einer langen Zeit, in der es aufgrund der Nullzinspolitik kaum möglich war, Eigenkapital anzusparen, und in einer Zeit, in der Banken immer höhere Eigenkapitalanforderungen stellen und die Bundesländer ungebremst die Grunderwerbssteuern erhöhen, verstärkt sich die Vermögensungleichheit, die in Deutschland im europäischen Vergleich ohnehin schon besonders hoch ist. Wenn die Förderbedingungen dann noch ein besonders hohes energetisches Niveau voraussetzen, das über die bereits sehr ambitionierten und sinnvollen gesetzlichen Vorgaben hinausgeht, kann man leicht ausrechnen, wie vielen Familien es möglich sein wird, ein Haus zu bauen.“

Die Politik müsse sich laut Lichtenthäler die Frage stellen, ob sie weiterhin konsequent die Wohnwünsche der Bevölkerung ignorieren will. Laut aktuellen Studien streben immerhin 90 Prozent der Menschen in Deutschland den Erwerb von Wohneigentum an. „In der Realität erreichen das jedoch nicht einmal 50 Prozent. Das ist die bedauerlich niedrige Wohneigentumsquote hierzulande, durch die Deutschland im europäischen Vergleich ganz unten liegt“, so Lichtenthäler.

In jedem Fall lohnt sich bei einer Baufinanzierung oder einem Immobilienkredit ein professioneller Vergleich! Wir beraten Sie gern!

Der Wohnungsbau in Deutschland stagniert weiterhin

Der Wohnungsbau in Deutschland stagniert derzeit. Aufgrund hoher Baukosten, Mangel an Handwerkern und steigender Zinsen haben viele Wohnungsunternehmen geplante Neubauprojekte auf Eis gelegt. Im vergangenen Jahr wurden laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) 295.300 Wohneinheiten fertiggestellt, lediglich 1.900 Wohnungen mehr als im Jahr 2021. Bei Einfamilienhäusern verzeichnete Destatis einen Rückgang um 1,5 Prozent, bundesweit wurden nur etwas über 77.000 gebaut.

Es bleibt fraglich, ob sich dieser Trend mit der neuen Wohneigentumsförderung umkehren lässt. Laut dem Immobilienfinanzierer „Dr. Klein“ müssten Bauwillige für ein energieautarkes Einfamilienhaus mit 160 Quadratmetern mit Baukosten zwischen 400.000 und 450.000 Euro rechnen, um einen Autarkiegrad von 90 bis 100 Prozent zu erreichen. Ein Niedrigenergiehaus, das seit der Einführung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) der Mindeststandard für Neubauten ist, würde je nach Bauweise, Energieeffizienz und Größe etwa ab 200.000 Euro kosten. Allerdings handelt es sich dabei nur um reine Baukosten. Hinzu kommen noch die Kosten für das Grundstück, den Grunderwerb, den Notar und andere Baunebenkosten.

Ein Blick auf gängige Immobilienportale zeigt, dass in Großstädten wie Leipzig oder Dresden Einfamilienhaus-Neubauten mit Grundstück mindestens 500.000 Euro kosten. Vor diesem Hintergrund dürfte ein zinsverbilligtes Darlehen von maximal 240.000 Euro kaum ausreichen, um eine Immobilienfinanzierung zu stemmen, es sei denn, die Bauherren/Käufer verfügen über ausreichend Eigenkapital. Dies dürfte jedoch nur wenigen zur Verfügung stehen, insbesondere da förderfähige Familien nur über ein begrenztes Einkommen verfügen dürfen und das Ansparen größerer Eigenkapitalsummen bei geringem Einkommen unrealistisch erscheint.

Quelle

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Marvin Albrecht