Immobilien als Altersvorsorge? Teil I: Das selbstbewohnte Einfamilienhaus
Immer wieder werde ich in meiner täglichen Arbeit damit konfrontiert, dass in Deutschland traditionell das selbstbewohnte Einfamilienhaus als die Universallösung für die private Altersvorsorge gehalten wird. Aber ist diese Erwartung noch zeitgemäß? Ein Exkurs mit meiner persönlichen Meinung zu diesem Thema.
Vielleicht kennen Sie es selbst: Für viele ist das selbst bewohnte Einfamilienhaus die beste Altersvorsorge. Seit vielen Jahrzehnten versucht man sich gerade in Deutschland auf diese Art und Weise abzusichern, dabei kommt es aber immer wieder zu den folgenden Trugschlüssen:
Trugschluss 1: „Ich kann kostenfrei wohnen, wenn das Haus erst einmal abbezahlt ist und muss im Alter keine Miete mehr bezahlen.“
Das stimmt natürlich grundsätzlich, jedoch vernachlässigen viele Eigentümer, dass Immobilien stetig instandgehalten werden müssen und Investitionen unabdingbar sind um den Wert des Eigenheims zu erhalten. Ich sehe in meiner täglichen Arbeit, was dabei herauskommt, wenn es Menschen im fortgeschrittenen Alter nicht mehr schaffen, die Immobilie angemessen instandzuhalten, oder schlichtweg das Geld für notwendige Modernisierungsmaßnahmen fehlt.
Die Immobilie leidet stark!
Probleme mit eintretender Feuchtigkeit, vergleichsweise hohe Betriebskosten aufgrund von schlechter Wärmedämmung und alter Heizungsanlagen, veraltete Elektrik- und Sicherheitstechnik, undichte Fenster, schimmelbefallene Keller und marode Sanitäreinrichtungen sind dabei nur einige Beispiele.
Trugschluss 2: „Wenn die Immobilie erst einmal abbezahlt ist, habe ich keine großen Aufwendungen mehr zu befürchten.“
Auch das ist falsch.
Banken kalkulieren in der Haushaltsrechnung einer Finanzierung regulär mit zu bildenden Investitionsrücklagen von 2,50 – 3,50 € je qm Wohnfläche und Monat und dieser Satz ist dabei nicht unrealistisch. Dies ergibt bei einem durchschnittlichen Einfamilienhaus mit ca. 150 qm Wohnfläche monatlich zu bildende Rücklagen in Höhe von etwa 375,00 – 525,00 €.
Wenn man berücksichtigt, dass eine etwa alle 30 – 50 Jahre anstehende Dachsanierung bei einem normalen Einfamilienhaus mit ca. 50.000 € zu Buche schlägt, sind diese Rücklagen keineswegs zu hoch einzuschätzen. Ich empfehle meinen Kunden stets, diese Rücklagen auch real zu bilden.
Neben den großen Investitionskosten für ein Dach fallen aber natürlich auch rehelmäßig kleinere Reparaturen und Investitionen an, die zwar jede für sich genommen oftmals nicht groß ins Gewicht fallen, jedoch in Summe keinesfalls zu vernachlässigen sind.
Hierbei spreche ich insbesondere von der Erneuerung von Heizungsanlagen, Austauschen von Schweißbahnen und Dachschindeln, Bad- und Sanitärmodernisierungen, Erneuerung von Bodenbelägen, Streichen & Tapezieren, Installation einer neuen Küche, Verputzen und Streichen der Außenfassade, Austausch von Türen und Fenstern und vieles mehr.
Abschließend hat man bei der selbstgenutzten Immobilie auch die weiter anfallenden Aufwendungen für Grundsteuer, Wohngebäudeversicherung, Müllabfuhr etc. zu berücksichtigen, die gänzlich vom Eigentümer getragen werden müssen.
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Nimmt man diese Maßnahmen nicht regelmäßig vor, leidet die Bausubstanz und die Immobilie verliert zusehends an Wert, oder kann mit der generellen Marktentwicklung vergleichbar besser gepflegter Immobilien nicht mithalten.
Trugschluss 3: „Wenn ich im Alter Geld brauche, kann ich die Immobilie einfach verkaufen.“
Über die vergangenen 50 Jahre haben Immobilien im Durchschnitt etwas über 2% (etwa das Maß der jährlichen Inflation) pro Jahr an Wert hinzugewonnen.
Die vergangenen 10 Jahre (2012 – 2022) waren dabei aufgrund der Niedrigzinspolitik der Notenbanken und der damit einhergehenden, übermäßig starken Nachfrage nach Wohneigentum eine Ausnahmeerscheinung, die es so vermutlich absehbar nicht wieder geben wird.
Insofern kann man auch das häufig genannte „Renditeversprechen“ (der Wert der Immobilie steigt jährlich überproportional an) bei selbstgenutzten Einfamilienhäusern aus der heutigen Perspektive nicht mehr pauschal als Argument anführen.
Zudem sei noch erwähnt, dass man Steine sprichwörtlich nicht essen kann und das selbstgenutzte Einfamilienhaus somit nur bedingt Altersvorsorge taugt, wenn man nicht parallel auch privat vorgesorgt hat.
Es bringt nichts, ein abbezahltes Haus zu besitzen, wenn man kein Geld mehr hat um dieses zu unterhalten, oder der Kühlschrank am Ende des Monats leer bleibt.
In diesem Fall bliebe nur der Verkauf der Immobilie, was wiederum dafür sorgen würde, dass man den Kaufpreis nutzen müsste um davon die Aufwendungen für Miete zu bestreiten und den Lebensunterhalt zu finanzieren.
Hat zum Zeitpunkt des Verkaufs die Nachfrage nach Immobilien möglicherweise durch vorab nicht absehbare Faktoren (z.B. Ghettoisierung, Wegzug von großen Arbeitgebern, marode regionale Infrastruktur) gelitten, kann die Immobilie auch überproportional im Wert gefallen sein.
Deswegen ist die selbstgenutzte Wohnimmobilie klassischerweise auch nur eine von drei Säulen der Altersvorsorgeplanung (neben gesetzlicher Rentenversicherung und privater Altersvorsorge) und nicht die Universallösung, für die sie fälschlicherweise oft gehalten wird.
Das soll abschließend nicht bedeuten, dass die selbstgenutzte Wohnimmobilie etwas Schlechtes ist – Nein, im Gegenteil! Aber sie ist nicht der Heilsbringer der Altersvorsorge, für die sie oft verkauft wird.
– Es ist vielmehr eine Lifestyle-Entscheidung, als etwas Obligatorisches. Ein bewusster Luxus, den man sich gönnen will!
Sie haben Fragen? Wir beraten Sie gern!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und bis zum nächsten Mal!
Ihr
Marvin Albrecht